Es gibt Sätze des täglichen Lebens, die habe ich bereits in den 1970er Jahren gehört – und zwar von meinen Eltern. Dazu gehört der Folgende: Die Welt dreht sich immer schneller. Was für die vorherigen Generationen galt, hat heute eine noch größere Bedeutung. Die Entwicklung schreitet exponentiell voran. Wie können wir in dieser komplexen und schnellen Welt für ein gemeinsames Verständnis der Beteiligten sorgen?

Die Antwort klingt einfach und ist doch in der täglichen Anwendung nicht trivial: mit Bildern. Oder wie es Johannes Sauer ausdrückt: mit passender Visualisierung. In der täglichen Projektarbeit und Moderation nutze ich selbst, wann immer möglich, die Visualisierung, um für ein zügiges, gemeinsames Verständnis zu sorgen.

Die Pioniere dieses Moderationshandwerkes sind für mich seit fast zwanzig Jahren Johannes Sauer und Axel Rachow. Auf den Petersberger Trainertagen am 13. April 2024 bin ich Johannes mal wieder begegnet und wir haben die Zeit genutzt, um unsere Erfahrungen auszutauschen. Daraus ist folgender Dialog in Kurzform entstanden:

Gunnar: „Was verstehst du unter Graphic Recording?“
Johannes: „Beim Graphic Recording höre ich einem Vortrag sehr genau zu. Ich notiere zunächst auf Klebezetteln, was genau ist bei mir angekommen.

Gunnar: „Warum auf Klebezetteln?“
Johannes: „Der Platz für die Visualisierung auf einem Board ist begrenzt. Ich mache mir also zunächst diese Notizen, um hinterher zu überlegen, wie ich die Botschaften sinnvoll und übersichtlich in diesem verfügbaren Platz anbringen kann. Mit den Klebezetteln kann ich dann nach dem Vortrag die Botschaften noch einmal überarbeiten, anordnen und final auf das Board übertragen.“

Gunnar: „Es sind also ausschließlich deine Gedanken, so wie du sie verstanden hast?“
Johannes: „Ja, genau.“

Gunnar: „In der Moderation zum Beispiel in Strategieworkshops nutze ich das Mitvisualisieren ebenso. Allerdings sichere ich ab, ob ich mein gegenüber richtig verstanden habe. Und erst dann halte ich die wichtigsten Aspekte fest.“
Johannes: „Ja, das ist der Unterschied. Beim Graphic Recording, so wie wir eben darüber sprachen, ist dafür keine Zeit und Möglichkeit.“

Gunnar: „Ich finde es wichtig, diese unterschiedlichen Funktionen zu kennen. In deinem Fall sind es deine Gedanken, die du als „Schreiber“ notierst. In meinem Fall versuche ich sehr nah an die Gedanken meines Gegenübers zu kommen. Das ist besonders in hitzigen Diskussionen wichtig, um meinem Gegenüber zu zeigen: Ich habe dich richtig verstanden. Deine Worte finden den Weg an die Tafel.“
Johannes: „Da hast du vollkommen recht. Die Grundlage ist das Visualisieren. Die Funktionen sind zwei sehr unterschiedliche. In meinem Fall entsteht in der Regel ein großes Gesamtbild, wie man es hier auf dem Plakat sehen kann. Das ist für die Besucher sehr wertvoll, weil sich nicht Jeder Notizen macht.“

Gunnar: „Und es gibt noch einen Effekt…“
Johannes: „Ja, die Redner können anschließend prüfen, ob die Kernbotschaften den Weg auf das Plakat gefunden haben. Damit haben sie eine weitere Möglichkeit herauszufinden, ob die Rede gefruchtet hat.“

Gunnar: „Ich verfolge eure Aktivitäten seit vielen Jahren und sehe euch immer noch mit Stift und Papier arbeiten. Was ist das Besondere an dieser haptischen Arbeitsform im Vergleich zu digitalen Schreibtechniken auf Bildschirmen?“
Johannes: „Bei der digitalen Anwendung fehlt mir die Verbindung zwischen Papier und Stift. Ich bin davon überzeugt, dass die direkte Verbindung etwas im Gehirn macht und wir dadurch besser verstehen und visualisieren können.“

Gunnar: „Diese Einschätzung teile ich. Außerdem merke ich, dass sich immer mehr Teilnehmende in meinen Workshops darüber freuen, dass wir mit Papier arbeiten, weil wir eh schon den ganzen Tag auf Bildschirme schauen.“
Johannes lacht zustimmend und zeigt mir noch wertvolle Tipps in seinem Buch „Kreativ präsentieren.“

Gunnar: „Ganz herzlichen Dank für diesen kurzen Austausch.“
Johannes: „Ich danke dir für dein Interesse.“

Viel Spaß wünsche ich euch, Miteinander verständlicher zu machen.
Hier die Empfehlung für Johannes und Kollegen.
https://www.flipchart-coach.de